Digitale Vernetzung

Das erwartet uns in der Industrie 4.0

Alles hängt mit allem zusammen. Eine Phrase, die in Bezug auf digitale Vernetzung eine neue Bedeutung gewinnt. Maschinen, etwa in der industriellen Produktion, kommunizieren miteinander und tauschen Daten aus. Sie regulieren und warten sich selbst. Das sorgt für eine optimierte Wertschöpfungskette. Doch wo bleibt der Mensch in diesem System?

Industrie 4.0 oder „Die vierte industrielle Revolution“ beschäftigt viele Unternehmen – vom Krankenhaus über den Verkehrsbetrieb bis hin zum globalen Automobilkonzern. Manch einen treibt die Angst an, abgehängt zu werden. Entscheidender sind allerdings die vielen Möglichkeiten, die die Industrie 4.0 bietet und die nur dadurch entstehen, dass der Mensch die Industrie weiter steuert. Industrie 4.0 ist keine Zukunftsmusik, sondern schon heute Realität. Zahlreiche Projekte zeigen, was die neue Dimension der Vernetzung bedeutet und welche Auswirkungen sie auf unsere Arbeitswelt hat.

Die vier Phasen der industriellen Revolution

Digitale Vernetzung Der Einsatz von Technologie macht unsere Arbeit einfacher und effizienter. Quelle: Yokogawa GmbH.

Mechanik, Elektronik, IT – die Industrie 4.0 basiert auf Entwicklungen aus knapp 250 Jahren. Das Tempo der Veränderung nimmt zu. Doch was ist Industrie 4.0 eigentlich genau? Auf diese Frage gibt es nicht die eine richtige Antwort. Ein Erklärungsversuch: Der Begriff beschreibt die Vernetzung von Maschinen und die daraus entstehenden intelligenten Resultate. So entsteht beispielsweise aus der Verzahnung der Produktion mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik die Möglichkeit, Produkte nach individuellen Kundenwünschen herzustellen – zu Kosten wie in der Massenproduktion.  Industrie 4.0 kann für jedes Unternehmen einen anderen Schwerpunkt haben.

“Industrie 4.0 bestimmt die gesamte Lebensphase eines Produktes: von der Idee über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung und Wartung bis hin zum Recycling.” BMWi

Industrie 4.0 ist also die Zusammenführung der Produktion mit der digitalen Welt. Maschinen, Anlagen, Produkte, Logistik und Menschen sind vernetzt, kommunizieren und agieren miteinander. So können ganze Wertschöpfungsketten optimiert werden.

Die Industrie 4.0 in Zahlen

 

Industrie 4.0 revolutioniert die industrielle Produktion. Quelle: PWC Global.

Obwohl den meisten Unternehmen die Vorteile der sich selbst organisierenden Produktion in der Regel bewusst sind, scheuen sie sich oft vor Neuerungen. Der Drang, direkt große Projekte zu starten oder die gesamte Produktion umzustellen, bremst meist mehr, als dass er antreibt. Lange Planung, unrealistische Ziele und Stillstand sind die Folge.

Experten empfehlen für den Einstieg in die Industrie 4.0, Ziele realistisch zu halten, mit einem kleinen Projekt zu starten und dies nach und nach auszubauen. Dadurch bleiben die Kosten überschaubar und es stellen sich schnell erste Erfolge ein.

Live-Anpassung, 3D-Druck und Individualisierung

Ein erstes Projekt im Unternehmen kann beispielsweise die Vernetzung der Raumluftüberwachung sein. Geräte überwachen fortlaufend die Luftqualität und übermitteln die Werte an einen zentralen Rechner. Dieser wertet sie aus und steuert die Filtrationsanlage auf Basis der Ergebnisse bedarfsgerecht – schnell, sicher und effizient, denn die Anlage läuft aufgrund der kontinuierlichen Messung und Auswertung nur so lange und intensiv wie nötig.

Ebenso clever lässt sich die Filtration für beste Lackierergebnisse in Lackierkabinen und Werkstätten steuern. Durch die Vernetzung von Vorfilterstufe, Decken- und Bodenfiltration können exzellente Lackierarbeiten mit geringerem Aufwand erzielt werden. Die Vorfilterstufe scheidet die Hauptmasse des Staubes ab, die Deckenfilter setzen nur und erst dann ein, wenn die Luftmesswerte aus dem Vorfilterbereich das erfordern. Die Farbnebelabscheider der Bodenfiltration setzen auf Kommando des Deckenfilters ein. Sie filtern die Abluft, die die Lackierkabine verlässt, wenn der Prozess dies erfordert und befinden sich ansonsten im energiesparenden Ruhemodus.

Ein weiteres außergewöhnliches Beispiel ist das 3D-Drucken im Nanometerbereich von Tetra in Thüringen. Präzise und schnell erstellt der Nano-3D-Drucker zentimetergroße Strukturen mit Auflösungen unter 1 µm. Die Form der Nanostrukturen kommt in Echtzeit von einem Rechner, der Fertigungsprozess kann gleichzeitig über eine Kamera verfolgt werden. Angewendet wird der Drucker beispielsweise in der Biomedizin und Mikrosensorik.

Auf individualisierte Kunststoff-Serienprodukte hat sich etwa die Firma Arburg spezialisiert. Sie vereint das Spritzgießen und die additive Fertigung. Mithilfe seiner selbst entwickelten Leitrechnertechnik realisiert das Unternehmen eine durchgängig vernetzte Prozesskette für die Fertigung individualisierter Lichtschalter-Wippen. Vom Großserienprodukt zum individuellen Kunststoffteil – ein Beispiel, wie es in der Industrie 4.0 keine Seltenheit mehr ist.

Robotic arm for packing Von Robotik bis zu Smart Company ...
Women using a smartphone in the display and technology advances in stores. Take your screen to put on advertising. ... die Vernetzung von Mensch und Maschine in der Industrie 4.0 hat viele Gesichter.

Auf dem Weg zur weiteren Digitalisierung und Automatisierung muss jedes Unternehmen sein eigenes Tempo und seine eigenen Ziele festlegen. Als Teil der Stärken, Schwächen und Kernkompetenzen des Unternehmens sind neben der IT-Infrastruktur vor allem die Organisation und Qualifikation der Mitarbeiter relevant. Industrie 4.0 kann die Mitarbeiter entlasten, zum Beispiel mithilfe von Robotern. „Der Roboter kann dem Menschen assistieren, monotone, ergonomisch unbequeme Aufgaben erledigen, während der Mensch sich übergeordneten Aufgaben widmet“, so KUKA-Chef Till Reuter gegenüber dem Handelsblatt. Die KUKA AG ist einer der weltweit führenden Anbieter von Robotik und ein Pionier-Unternehmen der Industrie 4.0. Der Mensch muss also intelligenter arbeiten, er fungiert als Problemlöser, Entscheider und Innovator. Denn in ungeplanten, spontanen Situationen ist er mit seinen kognitiven Fähigkeiten dem Roboter weiterhin überlegen.

Quellen
1 Bausteine der Industrie 4.0., Was bedeutet IIoT, IoT und Industrie 4.0?
2 Industry 4.0 will revolutionise industrial production.
3 Vernetzte Raumluftüberwachung im Industrie-4.0-Standard, In: Schweiß- und Prüftechnik, 07/08-2017.
4 Beste Lackierergebnisse in Lackierkabinen und Werkstätten.
5 Plattform Industrie 4.0 des BMWi.
6 Industrie 4.0, Revolution auf der Hannover Messe, In: Handelsblatt vom 13.04.2015.